12.11.2025

Diakonie fordert 1 Million Euro mehr für die Suchtberatungsstellen in Niedersachsen

"Wir setzen uns dafür ein, dass die Suchtberatung endlich auskömmlich und dauerhaft verlässlich finanziert wird“, sagt Hans-Joachim Lenke.

„Die Fachstellen für Suchtberatung leisten unverzichtbare Arbeit – und sind dennoch chronisch unterfinanziert. In Niedersachsen ist etwa jeder sechste Mensch von einer Substanzkonsumstörung oder einem abhängigen Verhalten betroffen. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass die Suchtberatung endlich auskömmlich und dauerhaft verlässlich finanziert wird“, sagt Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen im Rahmen des heutigen Aktionstags Suchtberatung.
„Präventionsarbeit trägt wesentlich dazu bei, Menschen davor zu schützen erst in eine Sucht zu geraten. Gleichzeitig stärkt sie das gesellschaftliche Verständnis dafür, dass Sucht eine Krankheit ist – und kein individuelles Versagen. Das Ziel ist es den Betroffenen zu vermitteln, dass frühe Hilfe, schwerwiegende gesundheitliche und soziale Folgen verhindern kann. Dazu braucht es aber ein flächendeckendes, starkes Präventionsnetz in Niedersachsen. Aktuell ist nicht jede Fachstelle für Sucht und Suchtprävention mit einer Präventionsfachkraft versorgt. Zudem sind die vorhandenen Präventionsstellen 
nicht auskömmlich finanziert. Wenn wir hier sparen, ist das für die Gesellschaft mit enormen Folgekosten verbunden.
Gerade für Jugendliche, die bereits im familiären Umfeld mit Sucht(mitteln) konfrontiert sind, ist eine frühzeitige und gezielte Präventionsarbeit von zentraler Bedeutung. Sie schafft nicht nur Bewusstsein für die Risiken des Suchtmittelkonsums, sondern stärkt junge Menschen darin, gesunde Entscheidungen zu treffen und eigene Schutzfaktoren zu entwickeln. Wir fordern, dass durch eine auskömmliche Finanzierung jede Fachstelle für Suchtberatung eine Präventionsfachkraft anstellen kann. Darüber hinaus braucht es eine wohnortnahe Versorgungsstruktur für Betroffene und Angehörige“, so Lenke 
weiter.
Andrea Strodtmann, Geschäftsführerin Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft für Suchtfragen in Niedersachsen und Referentin für Suchthilfe bei der Diakonie in Niedersachsen ergänzt: „Wir brauchen Suchtberatung vor Ort, weil Sucht jede*n treffen kann und die Betroffenen und ihre Angehörigen Hilfe brauchen. Sucht wird in unserer Gesellschaft tabuisiert. Die Menschen suchen sich häufig erst nach langem Leidensweg Hilfe. Suchtberatung muss vor Ort präsent sein und wahrgenommen werden
können. Der Ausstieg aus der Sucht ist mühsam und von Krisen begleitet. Wer erst lange Wege in Kauf nehmen muss oder dauerhaft keine persönlichen Ansprechpartner*innen findet, wird von Hilfeangeboten nicht erreicht.“
Diana Ganguin, Vorsitzende des Fachverbands Evangelische Landesarbeitsgemeinschaft für Suchtfragen in Niedersachsen und Abteilungsleiterin der Fachstellen für Sucht und Suchtprävention Hannover, Laatzen und Springe berichtet: „Suchtberatung vor Ort ist essenziell, weil sie soziale Isolation durch persönlichen Kontakt überwinden hilft – oft der erste Schritt aus der Einsamkeit. Sie bietet direkte Unterstützung für Betroffene und Angehörige, hilft bei bürokratischen Herausforderungen und ermöglicht individuelle Wege zu passenden Hilfen. Digitale Angebote ergänzen die Beratung sinnvoll, können den persönlichen Austausch aber nicht ersetzen.“


Weitere Informationen
Sucht ist eine Krankheit. Sie verändert das Leben für Betroffene tiefgreifend und geht in der Regel mit schweren persönlichen, sozialen und gesundheitlichen Folgen einher. Der Weg aus der Sucht ist lang und mühsam – geprägt von Rückschlägen, Rückfällen und der ständigen Herausforderung, neue Denk- und Verhaltensmuster zu entwickeln. Menschen mit einer Suchtproblematik brauchen verlässliche Unterstützung, Orientierung und Hoffnung.

Rund jeder zehnte Mensch in Deutschland ist von einer Sucht betroffen. Noch deutlich mehr konsumieren Alkohol, Tabak oder andere Suchtmittel in einem Ausmaß, das ihrer Gesundheit schadet. Sucht hat jedoch nicht nur Auswirkungen auf die direkten Betroffenen – auch Angehörige, Freund*innen, Kolleg*innen sowie Nachbar*innen sind mittelbar betroffen.
In Niedersachsen gibt es rund 1,3 Millionen Betroffene mit einer Substanzkonsumstörung oder abhängigen Verhaltensweisen. Das ist rund jede*r sechste. Hinzu kommen zahlreiche Menschen aus dem sozialen Umfeld, die indirekt betroffen sind, insbesondere Kinder und Partner*innen. (Quelle: Niedersächsisches Suchtpräventionskonzept, Seite 22 – Herausgeber ist das Land Nds, 2022)
Insgesamt stehen 75 vom Land Niedersachsen anerkannte, trägerübergreifende Fachstellen für Suchtberatung zur Verfügung. 35 davon sind diakonische Beratungsstellen. Ergänzt durch verschiedene Nebenstellen ergibt sich eine Gesamtzahl von 56 diakonischen Suchtberatungsangeboten. Die Fachstellen für Sucht- und Suchtprävention sind oftmals der erste Anlauf- und Drehpunkt für Betroffene und Angehörige. Die Berater*innen sind Fachleute, z. B. der Sozialen Arbeit, Medizin, Psychologie. Jede Fachstelle verfügt über speziell ausgebildete Suchttherapeut*innen. Alle unterliegen der Schweigepflicht. Zu ihren Aufgaben gehören neben der Unterstützung von Betroffenen und Angehörigen auch die Vermittlung in ambulante oder stationäre Therapien.
 

Positionspapier