Neu lernen, dem Zusammenleben Raum zu geben
Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher, Diakonie in Niedersachsen
Wann haben Sie sich das letzte Mal den Raum genommen, für eine Diskussion? Für ein Gespräch? Für einen echten Austausch? Und ich meine jetzt nicht, jede*r sagt mal, was sie oder er denkt, sozusagen eine Aneinanderreihung von Aussagen.
Ich meine ein richtiges Gespräch. Mit Zuhören und Nachfragen. Mit Interesse an der Position meines Gegenübers und Bereitschaft zur inhaltlichen Auseinandersetzung. Mit Argumenten und Gegenargumenten. Mir scheint zunehmend, dass wir das als Gesellschaft in gewisser Weise verlernt haben. Jede*r ruft seine oder ihre Meinung in die Welt - meist besonders laut auf Social Media. Die Folge: Wird der eigenen Meinung zugestimmt, ist die Welt in Ordnung. Hört man jedoch ein Widerwort, endet die angebliche Diskussion oftmals in Beschimpfungen. Die beiden Parteien stehen sich dann häufig erbittert gegenüber und jede*r pocht auf sein „Recht“. Schwarz oder Weiß - keine Grautöne, keine Zwischentöne sind mehr möglich.
Was in der digitalen Welt schon längst zum Alltag gehört, schwappt auch in unsere analoge Welt und prägt damit auch die Art unseres Zusammenlebens. Dort, wo es keinen Austausch mehr gibt, gibt es auch kein echtes Zusammenleben mehr. Das erlebe ich als eine Gefahr für unsere Demokratie.
Als Diakonie in Niedersachsen haben wir für dieses Jahr bewusst das Thema „Raum geben“ für die Woche der Diakonie gewählt, um damit Möglichkeiten zu eröffnen, vielfältige Themen zu diskutieren. Dazu müssen wir als Kirche und Diakonie neu lernen, unsere Räume so zu gestalten, dass sie vor Ort tatsächlich für das soziale Miteinander genutzt werden und die Menschen sie nutzen, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Lassen Sie uns - passend zur Losung für den Kirchentag 2025 in Hannover - mutig, stark und beherzt das Leben hier und heute gestalten. Geben wir dem Zusammenleben Raum.