
Gartenarbeit gegen das Grübeln
Raja Starchenko fand nach ihrer Flucht Hilfe im Emsland – jetzt hilft sie anderen
Drei Jahre ist es her, dass Raja Starchenko mit ihren Töchtern aus der Ukraine geflohen ist. Gleich zu Beginn des russischen Angriffskriegs. Wenn sie an diese Zeit denkt, füllen sich ihre Augen noch heute mit Tränen. „Mein Kopf hat nicht funktioniert. Ich fragte mich immer nur: Warum!? Wir mussten ganz schnell weg, ich wollte meine Kinder retten.“ Mit dem Zug fuhr sie zur polnischen Grenze. Dort traf sie auf ein Team der Diakonie Emsland Bentheim, das spontan dorthin gefahren war, um Menschen zu helfen und sie in Sicherheit zu bringen. Raja Starchenko
und ihre Töchter gehörten dazu.
Sie kamen bei einer Familie unter, bis sie eine eigene Wohnung bekamen. „Gleich am ersten Tag bin ich zur Kirche gegangen“, berichtet Raja Starchenko. Durch den Hilfstruck hatte sie den Kontakt. „In der Heimat war ich keine große Kirchgängerin. Aber hier ist das wie eine große Familie“, sagt die 47-Jährige.
„Am Anfang“, erinnert sie sich, „war alles sehr schwer.“ Fremde Menschen, eine fremde Umgebung, eine fremde Sprache. „Aber ihr wurdet ganz schnell meine Familie“, sagt Raja Starchenko. Wieder füllen sich ihre Augen mit Tränen. Dieses Mal aus Dankbarkeit. Herzlich nimmt sie Ursula Höber in den Arm. Ursula Höber gehört zu dem Diakonie-Team im Emsland, das schnell die Idee zu einem großartigen Projekt hatte: „Von der Saat bis zur Ernte“. „Wir wollten den Frauen, die aus der Ukraine zu uns kamen, Halt geben und eine gemeinsame Aufgabe“, sagt Ursula Höber, die das Projekt leitet. „Etwas pflanzen, beim Wachsen zusehen – das ist Ruhe und Entspannung. Kein Denken“, beschreibt Raja Starchenko das Projekt, das ihr so viel bedeutet.
Und es schafft noch mehr: Es verbindet verschiedene Nationalitäten, die gemeinsam etwas in Frieden erschaffen. Nicht nur Menschen aus der Ukraine nehmen daran teil. Sie kommen auch aus Syrien, Russland und Deutschland. Nach der Arbeit auf dem Feld kochen sie gemeinsam, sprechen das Vaterunser auf Ukrainisch, Deutsch und Arabisch – und essen gemeinsam. Sogar ein multikulturelles
Kochbuch ist daraus inzwischen entstanden.
Raja Starchenko ist dankbar für dieses Projekt. „Alle haben mir geholfen, jetzt möchte ich auch helfen“, sagt sie. Und das tut sie bereits: Sie hilft in der Suppenküche und bei der Tafel. Und einen festen Job hat sie auch gefunden – in einem Restaurant. Raja Starchenko sagt: „Ohne die Gartengruppe, ohne die Suppenküche, ohne die Diakonie – das wäre für mich nicht vorstellbar.“